Der Wecker klingelt morgens pünktlich um 7 Uhr. Verschlafen stehe ich auf, schlurfe ins Bad und sehe im Spiegelbild einen Mann, der alles andere als frisch aussieht. Ich realisiere, dass heute weder Montag noch Freitag ist, es ist SAMSTAG! Morgens um 7 Uhr! Die Nachbarn schlafen! Die Kinder schlafen. Also gehe ich zurück ins Schlafzimmer und realisiere, dass der Wecker nicht einfach so geklingelt hat. Es ist SAMSTAG. HOCKEY-SAMSTAG.
Bevor ich meine Kinder aus dem Bett hole erwische ich mich mehrmals wie ich mich frage: Was soll das eigentlich? Für wen mach ich das eigentlich? Doch für die Antwort bleibt keine Zeit. Schnell Hockeytaschen packen, Frühstück vorbereiten und ab zu den Kindern ins Schlafzimmer. Und da liegen sie nun nach einer anstrengenden Schulwoche und ich frage mich erneut: Was soll das eigentlich? Wie an normalen Wochentagen lege ich mich kurz zu ihnen und wecke Sie mit einem leisen „aufstehen“. Und ganz anders als an Wochentagen öffnen sich die Augen und die Kids sind hellwach. Es ist SAMSTAG. HOCKEY-SAMSTAG. Auf einmal funktioniert das mit dem Anziehen von ganz allein, das Frühstück wird unter Protest gegessen und die Zähne geputzt. Auf der Toilette dann der erste Lacher. Beim Blick auf das Klopapier kommt die Frage: Spiele wir heute gegen Rolle Rolle?
Und ja, es geht einmal quer durch die Stadt nach Prenzlberg. In einer Halle ohne Tribüne sitze ich neben ehrgeizigen Eltern, die Luft wird zunehmend schlechter und ich warte. Das erste Spiel gewinnen wir, das zweite irgendwie nicht und das dritte wieder ja. Für manch einen geht es hier um die WM. Und auch mein Kind ist so anders. Voller Ehrgeiz, voller Kraft, voller Spaß. Ich bin irgendwie raus. Ist halt zu früh.
Nach zweieinhalb Stunden geht es zurück nach Zehlendorf. Dort angekommen heißt es schnell Kind abgeben, anderes Kind einsammeln und ab zum Turnier. Wieder heißt es warten, wieder schlechte Luft und wieder diese ehrgeizigen Eltern. Ich beobachte einen Vater der so nervös ist, dass er es nicht mehr auf seinem Platz aushält. Wie ein Tiger läuft er hin und her, ab und zu schreit er etwas auf das Spielfeld, er jubelt und schimpft, er rauft sich die Haare und ballt die Faust. „Man…“, will ich ihm zurufen, „…entspann Dich mal“.
In diesem Moment läuft mein Kind auf den Platz, ich verschaffe mir durch geschickten Einsatz meiner Ellenbogen den besten Platz auf der Tribüne und beginne sofort mit lautstarken Anweisungen. Ich schreie so laut, dass neben mir inzwischen keiner mehr steht. Fix und fertig falle ich nach zehn Minuten auf meinen Sitz und genieße das Gefühl des Sieges, zu dem ich mit meinen Beiträgen sicher ein großes Stück beigetragen haben. Das Szenario wiederholt sich noch fünfmal und wir gewinnen tatsächlich den Pokal.
Selig fahre ich nach Hause, lege mich auf das Sofa und frage mich, wie manche Eltern eigentlich so ehrgeizig sein können. Ich werfe einen Blick auf die Medaille meines Kindes, die ich mir um den Hals gehängt habe und denke, ach was ein schöner HOCKEY-SAMSTAG.
Bericht eines anonymen Hockey-Vaters